МОСКВА, ЕВАНГЕЛИЧЕСКО-ЛЮТЕРАНСКАЯ ОБЩИНА СВВ. ПЕТРА И ПАВЛА
10 Июня 2012 года

1. Sonntag nach Trinitatis (10. Juni 2012)


1.Joh. 4,16b-21

16 …Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.

17 Hierin ist die Liebe bei uns vollendet worden, dass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts, denn wie Er ist, sind auch wir in dieser Welt.

18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat es mit Strafe zu tun. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.

19 Wir lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat.

20 Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott und hasst seinen Bruder, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat.

21 Und dieses Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll.

Heutzutage hören wir sehr oft das Wort „Liebe“. Und wir hören es nicht nur, sondern sehen es auch. Es kommt sehr oft in den Überschriften von Presseerzeugnissen vor, in der Regel nicht der besten. Gerade dieser Kontext lässt und darüber nachdenken, wie richtig der Gebrauch dieses Wortes ist, und was es eigentlich bedeutet. Wenn wir menschliche Maßstäbe anlegen, fürchte ich, dass wir zu keinem genauen Ergebnis kommen können. Zu weit gestreut sind die Antworten, und jede gibt sich für die Wahrheit aus. Aber wir haben die Möglichkeit, das Wort Gottes zu Rate zu ziehen, das uns eine eindeutige und sehr interessante Antwort gibt: „Gott ist Liebe“. In dieser Antwort liegt das Wesen der wahren Liebe.

Was ist denn nun wahre Liebe? Die, welche Gott uns gegenüber gezeigt hat – in erster Linie durch seinen Sohn Jesus Christus. Das ist kein physisches Vergnügen, keine Leidenschaft, sondern uneigennützige, opferbereite Selbstaufgabe, Dienst am Nächsten in Demut und Geduld, Teilnahme an seinen Freuden und Sorgen. Dabei ist Gegenseitigkeit keineswegs Voraussetzung. Denn Jesus hat seinen Dienst unter Bedingungen getan, die weit von Wohlwollen entfernt waren. So sieht die vollkommene Liebe Gottes zu uns aus, die im Neuen Testament durch das griechische Wort „Agape“ beschrieben ist.

Genau dieses Wort verwendet der Apostel Johannes. Im Griechischen gibt es drei verschiedene Wörter, die im Russischen mit dem einen Wort „Liebe“ übersetzt werden, aber sie haben völlig verschiedene Bedeutung. Außer „Agape“, der vollkommenen göttlichen Liebe, gibt es „Filia“, die Liebe zu Freunden, und schließlich „Eros“, die körperliche Liebe. Die göttliche Liebe „Agape“ ist die Grundlage, das Fundament, denn sie geht von Gott aus. Wenn „Agape“ fehlt, dann fehlt der „Filia“ die Tiefe und sie wird zur bloßen Bekanntschaft, und „Eros“ drückt sich im tierischen Instinkt aus, im reinen Sex ohne seelische Komponente. „Filia“ und „Eros“ stellen einen beträchtlichen Teil der zwischenmenschlichen Beziehungen dar, aber sie verbinden den Menschen nicht mit Gott. Diese Verbindung entsteht nur durch „Agape“, denn wer dieses Gefühl in sich hat, erreicht das, was das Wesen Gottes ausmacht, und worüber Johannes schreibt: „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm“.

Eine der traditionellen Forderungen der Kirche, begründet durch die Hl. Schrift, ist der Aufruf zur „Zunahme in Gott“. Was ist damit gemeint? Zunahme in Gott ist nichts anderes als die Zunahme in der göttlichen Liebe „Agape“. Genau dieses Wachsen ist die Grundlage für die Verwandlung eines Christen, das Öffnen der Seele für das Wesen Gottes, worüber der Apostel Paulus schreibt: „Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir“. Achten Sie darauf: Johannes spricht davon, dass Gott in uns lebt, nicht von einer weit entfernten, sehr wünschenswerten, aber völlig unerreichbaren Möglichkeit. Im Gegenteil, er spricht davon als völlig als völlig realistische, nicht sofort und in vollem Umfang erreichbare, aber erreichbare Wirklichkeit. Dieses „Bleiben Gottes in uns“ hat keine Begrenzung, nach deren Überwindung wir vollkommen werden. Es gibt keine Norm der Heiligkeit, die man erfüllen oder übererfüllen kann. Es gibt keine Grenze, nach deren Überwindung man sagen kann: Ich habe die Fülle erreicht. Vollkommenheit und Fülle sind Eigenschaften Gottes, aber wir bleiben auf jeden Fall Menschen. Aber genau darin besteht der Segen der Möglichkeiten, die sich uns eröffnen. Wir können ständig wachsen, denn die Dauer dieser Zunahme ist nur durch die Dauer unseres irdischen Lebens begrenzt. Und diese Zunahme hat Folgen sowohl in unserem hiesigen Leben als auch im ewigen.

Die Verwandlung unseres Bewusstseins unter dem Einfluss des Hl. Geistes führt dazu, dass darin immer mehr vom göttlichen Wesen sichtbar wird, was uns die Möglichkeit gibt, unseren Nächsten Agape zu zeigen, die vollkommene göttliche Liebe. Doch ist dies kein rein äußerliches, vorsätzliches Tun. Es ist einfach die Folge davon, dass ein vom göttlichen Wesen durchdrungenes Leben sich nicht auf sich selbst und auf die Vermehrung des eigenen Wohlstandes konzentriert, sondern auf den Dienst am Nächsten. Diese göttliche Liebe ist es, die unseren Alltag in ein Licht verwandelt, das Andere anzieht und dadurch den Segen vermehrt, der von Gott ausgeht, sich aber in uns und durch uns zeigt. Wenn das Leben erfüllt ist von vollkommener Liebe, ist vieles möglich, weil diese Liebe von allen Ängsten befreit, auch von der Angst vor dem Tod. Genau darum heißt es, dass wahre Liebe stärker ist als der Tod. Sie befreit von vielem, vor allem von weltlichen Bedingungen, vom ständigen Hinhören auf die Meinung anderer, von der Angst vor ihrem Urteil, weil wir uns nicht so verhalten wie alle anderen. Alles das wird nicht wichtig, weil das einzige, das Bedeutung hat, ist, Gott zu dienen durch unseren Dienst am Nächsten. Alles andere rückt in die zweite Linie.

Was aber hat der Dienst am Nächsten auf dieser Erde damit zu tun, Gott zu dienen, der sich in einer Wirklichkeit befindet, die für unser gegenwärtiges Bewusstsein nicht erkennbar ist? Früher dachten die meisten Leute genau so. Daher zogen sich Leute, die Gott dienen wollten, hinter Klostermauern zurück. Und je strenger die Klosterregeln waren, desto näher kam man an den Himmel. So war die Meinung der Leute. Gott aber hat von uns in seinem Wort etwas anderes gefordert: nicht das Zurückziehen vom Nächsten, sondern die Annäherung an ihn, denn Jesus hat gesagt „was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan“. Deshalb ist unser Dienst für Gott in erster Linie unser Dienst an den Nächsten. In ihnen sehen wir das Antlitz Christi, der nicht nur für unsere, sondern auch für ihre Sünden gestorben ist, und indem wir ihnen dienen, weihen wir unser Leben dem Herrn. Ohne den Nächsten zu dienen ist es unmöglich Gott zu dienen. Und für diesen Dienst braucht es doch keine Mönchsregeln oder andere Gelübde. Solcher Art sind die Folgen des Zunehmens in Gott für das irdische Leben. Aber es gibt auch Folgen für die Ewigkeit.

Das Wachsen in Gott, die Zunahme in der göttlichen Liebe verbindet uns mit ihm und gibt uns die Möglichkeit, ohne Angst vor sein Gericht zu treten. Johannes schreibt, dass wir dort mutig sind. „Hierin ist die Liebe bei uns vollendet worden, dass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts, denn wie er ist, sind auch wir in dieser Welt.“ Die Vereinigung mit Christus gibt uns die Möglichkeit so zu handeln, wie er es im Laufe seines irdischen Dienstes getan hat. Ohne tiefe innere Einheit ist das nicht möglich. Jene Einheit, die das vorrangige Ziel jener ist, die Gott getreu sind. Das Ziel bestimmt das Sein. Und wenn das Leben nicht dem erklärten Ziel entspricht, so heißt das lediglich, dass das wahre Ziel ein anderes ist.

Das göttliche Wesen, die göttliche Liebe, Agape, ist eine Einheit. Sie kann nicht zerteilt werden. „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott und hasst seinen Bruder, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat.“ Gott hat uns nicht aufgetragen, uns aus der Welt zurückzuziehen und ihn hinter hohen Mauern zu loben. Im Gegenteil, er hat uns in die Welt gesandt, damit wir Frucht bringen für das ewige Leben, und das ist nichts anderes, als die in uns und durch uns scheinende und leuchtende Barmherzigkeit Gottes, Agape, seine Liebe. Diese Liebe hat ihn damals dazu gebracht, zu uns zu kommen und - ungeachtet unseres Widerstandes und unseres Ungehorsams – uns zu dienen mit großer Geduld und Demut, sich nicht über uns zu erheben sondern ein Beispiel zu geben. In unserem Bemühen um Einheit mit Christus sind wir aufgerufen, dasselbe zu tun – mit Geduld und Demut den Nächsten zu dienen und ein Beispiel zu geben. Dabei soll dieses Beispiel, dieser Dienst, nicht mit Zähneknirschen getan werden. Er soll nicht aussehen wie die Erfüllung einer sehr schweren Aufgabe. Dieser Dienst ist der Ausdruck der vollkommenen Liebe, der getan wird mit Freude und Bescheidenheit sogar dann, wenn er keine entsprechende Antwort erhält. „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“ Amen.


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